„Die große Klagewelle ist ausgeblieben“

Bereits seit fünf Jahren soll Eltern garantiert werden, dass Sie einen Kitaplatz bekommen, wenn Ihr Kind ihn braucht. Das ist gesetzlich verankert worden: Städte und Landkreise müssen einen Platz anbieten. Wir haben ein Stimmungsbild eingeholt.

In den vergangenen Jahren sind vielerorts neue Kitas entstanden, um dem Rechtsanspruch genüge zu tun. Trotzdem gibt es nach wie vor Kommunen, in denen es einfach nicht reicht. Fehlende Plätze sind häufig nicht einmal das einzige Problem: Gutes Personal wird in den meisten Kitas händeringend gesucht. Umso mehr stellt sich die Frage, was der Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz bewirkt hat. Wir haben verschiedene Akteure aus dem Themenfeld um ein Statement zum Jubiläum gebeten.

Michael Schmidt, Familienpolitischer Sprecher der Fraktion Bündnis 90 / Die Grüne im Stadtrat Leipzig

„Ich bin der Überzeugung, dass die Einführung des Rechtsanspruches eine gute familienpolitische Entscheidung war! Sie hat dazu geführt, dass noch größere Anstrengungen unternommen wurden und werden, um die Kapazitäten der Kitas und der Kindertagespflege auszubauen. Allerdings haben wir es in der Stadt Leipzig, trotz eines immer schon hohen Niveaus, in den vergangenen fünf Jahren nicht geschafft, den Rechtsanspruch zu erfüllen. Erklärtes Ziel der Verwaltung ist die Erfüllung des Rechtsanspruches in den nächsten zwei Jahren. Wir Grüne werden alles dafür tun!“

Katharina Kleinschmidt, Vorsitzende der ASF Leipzig (Arbeitsgemeinschaft Sozialdemokratischer Frauen)

„Der Rechtsanspruch auf Betreuung für Kinder ab dem 1. Lebensjahr ist ein wichtiger Schritt zur besseren Vereinbarung von Familie und Beruf. Es sollte selbstverständlich sein, dass die Umsetzung auch familienfreundlich gestaltet wird: Dazu gehören begrenzte Wegstrecken, Vorrang für Geschwisterkinder und die Transparenz über die Rechtsbehelfe. Was fehlt? Wir fordern den Einstieg in die kostenfreie Kinderbetreuung, um Familien mit Kindern zu entlasten.“

Kerstin Lauterbach, Familienpolitische Sprecherin der Linksfraktion im Sächsischen Landtag

„Ich begrüße den Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz ausdrücklich, gibt er doch Familien die Möglichkeit, dass beide Partner gleichberechtigt arbeiten und für die Familie sorgen können. Das klappt nicht überall. Als Stadträtin weiß ich, dass es vielen Städten damit nicht gut geht. Der Finanzdruck auf die Kommunen wächst. Sie müssen handeln und stehen damit allein da. Hier muss die Landesregierung aktiver werden. Meine Meinung: Die Betreuung unserer Kinder in Kitas ist ein Bildungsangebot und Bildung muss kostenfrei sein.“

Dr. Falk-Thoralf Günther, Fraktionsgeschäftsführer, SPD-Fraktion im Stadtrat Leipzig

„Die Einführung des Rechtsanspruchs auf Kinderbetreuung ist ein Grund zu feiern: Er bietet Eltern die Chance, Familie und Beruf besser miteinander zu vereinbaren. Für die wachsende Stadt Leipzig ist es ein Kraftakt, die nötigen Betreuungsplätze anzubieten. Wir sind aber auf einem guten Weg, das zu schaffen. Die steigende Betreuungsquote belegt das. In den letzten fünf Jahren sind bei uns 6.252 Kitaplätze neu entstanden und in den nächsten zwei Jahren sollen weitere 6.578 Plätze hinzukommen.“

Lars Ihlenfeld, Kita-Rechtler, Berlin

„Nach Einführung des Rechtsanspruches 2013 ist die Klagewelle tatsächlich ausgeblieben. Wir stellen jetzt fest, dass seit Anfang des Jahres bei der Anzahl der Klagen eine Steigerung spürbar ist. Wichtig ist jedoch, dass in den fünf Jahren seit es den Rechtsanspruch gibt, sehr viel bewegt worden ist. Es wurden sehr viele Plätze geschaffen und Einrichtungen ausgebaut. Da muss noch viel passieren, aber es ist ein Bewusstsein entstanden, dass das ein wichtiges Thema ist und nicht zuletzt wurde die Diskussion um die Qualität der Betreuung angeregt.“ 

Daniela Kuge, Familien- und Frauenpolitische Sprecherin der CDU-Fraktion im Sächsischen Landtag

„Seit fünf Jahren existiert der Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz ab dem zweiten Lebensjahr des Kindes. Ein großes Projekt der Bundesebene und es hat sich gelohnt: Wir sehen positive Auswirkungen! Uns als CDU ist es wichtig, die Voraussetzungen für echte Wahlmöglichkeiten zu schaffen. Dazu war der Rechtsanspruch ein wichtiger Schritt. Doch auch im fünften Jahr existieren noch zahlreiche Kommunen, deren Angebot hinter der Nachfrage her hinkt. Unser Ziel ist, die Lücke zwischen Betreuungsbedarf und -angebot zu schließen, ohne die Qualität zu vernachlässigen.“