Wie gelingt die Verankerung der
Kinderrechte im Grundgesetz?

„Jedes Kind hat das Recht auf Achtung, Schutz und Förderung seiner Grundrechte einschließlich seines Rechts auf Entwicklung zu einer eigenverantwortlichen Persönlichkeit in der sozialen Gemeinschaft. Das Wohl des Kindes ist bei allem staatlichen Handeln, das es unmittelbar in seinen Rechten betrifft, angemessen zu berücksichtigen. Jedes Kind hat bei staatlichen Entscheidungen, die seine Rechte unmittelbar betreffen, einen Anspruch auf rechtliches Gehör.“

So lautet der Entwurf zur Verankerung von Kinderrechten im Grundgesetz von Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD). Er soll als neuer Absatz 1a in den Artikel 6 eingefügt werden. Ziel ist es, mit diesem Zusatz die Grundrechte von Kindern im Grundgesetz besser herauszustellen. Bereits vor zwei Jahren einigten sich CDU/CSU und SPD in ihrem Koalitionsvertrag darauf, dass Kinderrechte explizit in die Verfassung aufgenommen werden sollen. Seit Inkrafttreten der UN-Kinderrechtskonvention vor über 30 Jahren wird über diesen Schritt debattiert.

In den vergangenen Monaten hat eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe Vorschläge für das neue Gesetz erarbeitet. Im vorgelegten Bericht gab es gleich mehrere Formulierungsvorschläge, die u.a. die Frage hervorbrachten, ob das Kindesrecht nun angemessen, wesentlich oder vorrangig beachtet werden soll. Der jetzige Entwurf von Lambrecht stellt eine Art Kompromiss aller drei Vorschläge dar.

Zuspruch auf der einen und Widerspruch auf der anderen Seite

Während die SPD den Entwurf als „Zeitwende für Kinder, Jugendliche und Familien“ (Katja Mast, SPD-Fraktionsvize) feiert, stößt er bei CDU/CSU auf Widerspruch. Elisabeth Winkelmeier-Becker, rechtspolitische Sprecherin der CDU/CSU, sieht mit dem Entwurf vor allem eine Gefährdung des Gleichgewichts zwischen Kind, Eltern und Staat. Auch die Grünen zeigen sich weniger zufrieden mit dem Entwurf der SPD. So spricht Fraktionschefin Katrin Göring-Eckhardt von einer „Enttäuschung auf ganzer Linie“. Ihr ginge der Entwurf nicht weit genug und sie sieht darin sogar einen Rückschritt im Vergleich zur Regelung der UN-Kinderrechtskonvention.

Andere Stimmen wiederum halten die Verankerung der Kinderrechte im Grundgesetz generell für „überflüssig“ und „unnötig“. Familienbund-Präsident Ulrich Hoffmann warnte beispielsweise vor einem potenziellen Eingreifen in das Erziehungsrecht, welches durch den Gesetzesentwurf ermöglicht würde. Weitere Entwurfsgegner argumentieren außerdem, dass alle im Gesetz verankerten Grundrechte für Kinder und Erwachsene gleichermaßen gelten. Von der Würde des Menschen, über das Lebensrecht bis hin zum Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit.

Wie sich der Gesetzesentwurf nun weiterentwickelt, bleibt spannend. Fakt ist, dass die Vereinbarung des Koalitionsvertrages nach wie vor beständig ist. Es gilt nun eine Formulierung zu erarbeiten, die bei allen Beteiligten für Zuspruch sorgt.