Warum Medienkompetenzförderung
nicht erst in der Schule beginnt

Kinder wachsen heute in einer zunehmend digitalen Welt auf. Sie sind von digitalen Medien umgeben und es ist nahezu unmöglich sie davon fernzuhalten. Umso wichtiger ist es, sie so früh wie möglich mit dem korrekten Umgang vertraut zu machen und ihre Medienkompetenzen zu fördern. Im Rahmen des Projekts „KiTa Digital“ erhielten zwölf Paderborner Kitas Fördergelder, um die medienpädagogische Arbeit mit Kindern voranzutreiben. Im Interview erzählt uns Prof. Dr. Dorothee Meister vom Erfolg des Projekts.

Wie kam das Projekt zustande?

„KiTa Digital“ wurde durch die FDP ins Leben gerufen. Ein Elternvertreter aus einer Paderborner Kita, der sowohl in der FDP als auch im Stadtrat tätig ist, machte auf den Umstand aufmerksam, dass der Umgang mit digitalen Medien bereits in der Kita gefördert werden müsse. Nicht zuletzt durch den DigitalPakt schreitet die Digitalisierung der Schulen in Paderborn bereits sehr umfassend voran. Kindertagesstätten hingegen gelten eher als medienfreie Zone. Der Vorschlag zur Digitalisierung wurde dann beim Jugendhilfeausschuss eingereicht, woraufhin rund 50.000 € Fördergelder bereitgestellt wurden. Jede Kita in Paderborn konnte sich auf das Förderprogramm bewerben. Es musste lediglich ein Konzept vorgelegt werden, wo beschrieben steht, wozu die Gelder genutzt werden sollen. In insgesamt zwölf Kitas wurde das Projekt umgesetzt.

Welche Rolle spielt die Universität bzw. spielen Sie dabei?

Zuerst kam eine Kitaleitung auf mich zu, mit der Bitte sie bei der Beantragung zu unterstützen. Sie hatten bis dato noch nie einen Antrag stellen müssen oder ein Konzept zum Thema Digitalisierung in der Kita ausformuliert. Der zweite Grund für die Beteiligung der Universität war, dass der Jugendhilfeausschuss den Wunsch hatte das Projekt zu evaluieren. Da der Einsatz digitaler Medien in der Kita sehr kontrovers diskutiert wurde im Jugendhilfeausschuss, wollte man das Projekt wissenschaftlich begleiten lassen. Mit diesem Anliegen ist man dann an mich herangetreten. Daraufhin bot ich meinen Studierenden ein entsprechendes Lehrforschungsseminar an, wodurch wir die Evaluierung ohne den Einsatz weiterer finanzieller Mittel durchführen konnten.

Wie wurde das Projekt in den Kitas umgesetzt?

Die Einrichtungen haben sich allesamt wirklich sehr darum bemüht, den Kindern spannende Projekte zu ermöglichen. In einer Kita wurde zum Beispiel ein Foto-Projekt gestartet. Da haben die Kinder die Entwicklung von einer Raupe zum Schmetterling dokumentiert. In einer anderen Einrichtung wurde sogar ein kleiner Film gedreht, hier zur Entwicklung von der Kaulquappe zum Frosch. Bei einigen Kitas kamen auch Audiostifte zum Einsatz. Mit denen werden Bücher quasi lebendig. Aber auch zum Sprachenlernen sind diese Stifte hervorragend geeignet. Die Kinder können eigene Geschichten erzählen und sich dabei mit dem Audiostift aufnehmen. Spielen sie dann das Selbstgesprochene noch einmal ab, können sie Fehler heraushören und sich sukzessive verbessern.

Und wie haben die Eltern auf die Thematik „Digitale Medien in der Kita“ reagiert?

Die Mehrheit der Eltern war ziemlich begeistert und fand das Projekt sehr interessant. Natürlich gab es auch hier einige Skeptiker. Eine große Sorge bestand darin, dass die Kinder ungehindert an die Geräte herankommen und unkontrolliert benutzen könnten. Mit Gesprächen und einer genauen Aufklärung darüber, wozu die Medien eingesetzt werden sollen, konnten letzte Zweifel beseitigt und alle Eltern überzeugt werden. Besonders wichtig war der Aspekt, dass die Medien nur ergänzend genutzt werden, um zu lernen, zu forschen und Neues zu entdecken. Nicht, um die Kinder einfach nur ruhig zu stellen. Durch den Einsatz der Medien konnten die Kleinen richtige Endprodukte wie Fotostrecken oder Kurzfilme vorzeigen, auf die sie ganz stolz waren. Somit hatten die Eltern auch nochmal ein ganze andere (positive) Sicht auf die Thematik.

Zu welchen Ergebnissen sind Sie gekommen?

Insgesamt hat die Evaluation bestätigt, was zu Beginn des Projekts schon vermutet wurde: Medienkompetenzförderung darf nicht erst in der Schule beginnen, sondern sollte bereits im Kindergartenalter betrieben werden. Ganz wichtig dabei ist natürlich, dass die Einrichtungen entsprechend vorbereitet sind, damit die Nutzung digitaler Medien nicht zum Problem wird. Es müssen konkrete Konzepte erstellt werden, in denen klar definiert ist, wozu die Geräte genutzt werden sollen, in welchem Zeitraum die Nutzung stattfindet und wie erreicht wird, dass die Kinder sich austauschen und miteinander lernen. Eine zentrale Rolle spielt natürlich auch die Weiterbildung der pädagogischen Fachkräfte. Da Medienerziehung bisher kaum in den Ausbildungen verankert ist, muss dies jetzt nachgeholt werden. Idealerweise wird eine InHouse Schulung abgehalten, an welcher alle Erzieher/innen gemeinsam teilnehmen können. Das ist zwar sehr kostenintensiv, aber tatsächlich die effizienteste Möglichkeit der Weiterbildung. Im Rahmen eines Förderprogramms sollte es ermöglicht werden.

Gab es Ergebnisse, die Sie besonders überrascht haben?

Sehr überraschend und schön war die Tatsache, dass es bei den Kindern überhaupt keine Streitigkeiten in der Nutzung der Geräte gab. Die älteren haben den jüngeren bereitwillig alles gezeigt, was sie schon konnten und beim Abwechseln gab es auch keinerlei Auseinandersetzungen. Die Nutzungsregeln wurden also sehr schnell gelernt, angewendet und auch eingehalten. Im Laufe des Projekts „KiTa Digital“ kamen auch Aspekte zum Vorschein, die man vorher niemals in Betracht gezogen hätte. Zum Beispiel, dass die Kommunikationsinfrastruktur zwischen den Erzieher/innen ausgebaut werden muss. Es wäre denkbar eine App zu entwickeln, die dann von allen Erzieher/innen genutzt werden könnte. Einheitlichkeit und Strukturen zu schaffen ist ohnehin ein immens wichtiger Faktor, um mit digitalen Medien arbeiten zu können.

Wie geht es nach dem Projekt weiter?

Die positive Entwicklung des Projekts führte zu dem Entschluss dieses weiterzuführen. Ende letzten Jahres wurde die Entscheidung bekanntgegeben und es wurden erneut Gelder zur Verfügung gestellt. Bewerben können sich wieder alle Kitas, unter der Voraussetzung, dass sie ein Konzept vorweisen. Auch die Einrichtungen aus dem vergangenen Jahr können ein weiteres Mal am Förderprogramm teilnehmen. Einigen ist zum Beispiel im Laufe des Projekts aufgefallen, dass sie noch weitere Technik benötigen, die sie mit einem erneuten Zuschuss aufstocken können. Auch das Thema „Fortbildung“ kann bei der Bewerbung aufgegriffen werden. Ich freue mich sehr, dass das Projekt fortgeführt wird und bin sehr gespannt, wie sich die Kitalandschaft in den kommenden Jahren verändert.

Foto: © Stadt Paderborn

Ein Beitrag aus der kita.kompakt – Das Magazin für eKitamanagement | Ausgabe 1|2020